Amtlich: Sport hilft Psyche auf Sprünge

Menschen in Bewegung zu bringen, sollte meiner Meinung das erste Ziel sein, wenn sich Menschen in seelischem Ungleichgewicht befinden: So geht es etwa auch dem Deutschen Behindertensportverband in seinen Reha-Kursen auch darum, Reha-Patienten überhaupt wieder in Kontakt Sport zu bringen und ihn als selbstverständlichen Bestandteil des Lebens zu sehen. Kontakt zu Sport bedeutet: Kontakt zu anderen Menschen, zur Natur und – last but not least – zu sich selbst. Traurig aber wahr: diese essenzielle Schnittstelle funktioniert meist nur über eine Überweistung vom Arzt. Oftmals höre ich in meiner Rolle als Reha-Sport-Übungsleiterin, dass Menschen manchmal jahrelang nicht mehr aus dem Haus waren. Sie kapseln sich ab und resignieren, die Muskulatur nimmt ab, die körperliche und seelische Dysbalance hingegen zu.

Sport als Antidepressivum
Dass sich körperliche Aktivität positiv auf die Psyche auswirkt, haben deutsche und schweizer Wissenschaftler jetzt veröffentlicht und in einer großen Übersichtsstudie eine lange gehegte Annahme bestätigt: Sport und körperliche Aktivitäten können Depressionen lindern. Zudem kommen die Forscher zu dem Schluss, dass Bewegung im Gehirn auf ähnliche Weise wirkt wie Antidepressiva. Wie das Portal heilpraxisnet.de aus der Studie zitiert, das im Fachjournal „CNS & Neurological Disorders - Drug Targets“ veröffentlicht wurde, leide mindestens jede zehnte Person in den westlichen Industrienationen wenigstens einmal im Verlauf ihres Lebens an einer Depression. Begleitet werde diese von zahlreichen psychischen und physischen Beschwerden, wie Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit, sexuelle Inaktivität oder Schlafstörungen. Die Behandlung von Depressionen erfolgt traditionell mit Medikamenten (Antidepressiva) und Psychotherapie. Doch auch Sport und körperliche Aktivitäten können, so die Ergebnisse der Studie, die Depressionen lindern.

Studie macht Annahme zur Tatsache
Diese lange gehegte Annahme wurde nun von Forschern aus der Schweiz und Deutschland in einer großen Übersichtsstudie bestätigt. Wie die Uni Bern am Dienstag mitteilte, habe das Team um Mirko Wegner vom Institut für Sportwissenschaft der Universität Bern alle verfügbaren Übersichtsstudien zur Wirkung von Sport u.a. auf Depressionen zusammengefasst. Diese insgesamt 37 Metaanalysen beinhalteten laut einer Meldung der Schweizer Nachrichtenagentur SDA Daten von je mehr als 40.000 Personen mit diesen Störungen. Alle diese Studien maßen „die Stärke des antidepressiven (...) Effekts". Dabei kamen Wegner und seine Kollegen von der MSH Medical School Hamburg zu dem Schluss, dass sich Sport und körperliche Aktivität positiv auf Depressionen auswirken und auf ähnliche Weise wirken wie Antidepressiva, wie sie nun im Fachjournal „CNS & Neurological Disorders - Drug Targets“ berichten.

Sport bringt Nervenzellen zum Wachsen
Durch Antidepressiva wird die Konzentration des auch als „Glückshormon“ bezeichneten Gehirnbotenstoffs Serotonin im Gehirn gesteigert. Dieser steuert unter anderem Stimmung, Gefühl, Schlaf und Appetit. Zudem fördern Antidepressiva die Neubildung von Nervenzellen im Hippocampus, einer Region im „Gefühlszentrum“ des Gehirns, dem limbischen System. Wie die Forscher erklärten, führten Depressionen hingegen zum Absterben von Zellen in dieser Hirnregion. Somit „wirkten Sport und körperliche Aktivität ähnlich wie die Medikamente, auch diese lassen den Serotoninspiegel im Blut ansteigen und regen das Wachstum der Nervenzellen im limbischen System an".